Intuitives Schreiben macht clean im Gehirn

Vor einiger Zeit traf ich meinen ehemaligen Nebensitzer aus der Realschule. Er erzählte mir Dutzender lustiger Storys aus unserer Schulzeit. Ich konnte mich an keine einzige davon erinnern.

Streiche mit den Lehrern, irgendeine Wette zwischen uns, die er gewonnen hatte und vieles andere mehr. Ich führe das darauf zurück, dass es in meinem Leben überdurchschnittlich viele herausfordernde Erlebnisse gab, die alle noch irgendwo in der Warteschleife der ewigen Erinnerungen hängen, bis das Gehirn sich dann mal entschieden hat, wohin damit final. Je emotionaler wir in eine Situation verwickelt sind, umso fester hängen sie dort fest. Innerhalb von Millisekunden kann es sie aus der Erinnerungs-Warteschleife holen.

Das heißt, jede Erinnerung wird gemeinsam mit der einst zugehörigen negativen Emotion abgespeichert. Das wiederum bringt den Überlebenstrieb in Aufruhr. Er schlägt an.

Insofern ist die Strategie des Abspeicherns und noch mal Durchlebens zur abschließenden Klärung clever gedacht von unserem Gehirn. Es ermöglicht uns, aus Situationen zu lernen und gemachte Fehler zukünftig zu vermeiden. Blöd nur, dass diese Strategie auch nach hinten losgehen kann. Denn beim wiederholten Erinnern erleben wir alles auch psychisch erneut, und das ist für alle anstrengend: uns selbst, das Gehirn und unseren Körper.

Mir wäre es wesentlich lieber, wenn das Gehirn gleich an Ort und Stelle entscheiden könnte, wie es das Ereignis bewerten will. Es jahrelang immer wieder neu serviert zu bekommen, würde ich gerne vermeiden.

Die Krux an der Sache: Je öfter die Sache dergestalt ‚wiederholt‘ erinnert wird, desto tiefer gräbt sie sich in die Psyche ein. Aus einer einstigen Bagatelle kann so unter Umständen ein echtes Lebensdrama werden.

Genau deswegen schreibe ich Geschichten, wenn ich merke, etwas Negatives lässt mir keine Ruhe.

 

Dieses Buch ist so eine Aktion. Ich habe einfach angefangen zu schreiben, ohne genauen Plan, wie oder was. Am Ende wurde ein Roman draus.